Sonntag, 15. Februar 2009

Häuptling ohne Apachen

Leo Lindtner ist kein Experte, weder im Fußball, noch als Führungskraft, geschweige
denn in Kommunikationsbelangen.
Als designierter Verbandspräsident hat er jedoch, seinem Selbstverständnis nach,
scheinbar ein gewichtiges Wörtchen mit zu reden.
So hat er, als erste Amtshandlung - ohne Amt - bereits vor dem verloren gegangenen
Schwedenspiel verlautbaren lassen, dass Karel Brückner, der Teamchef, der österreichischen
Equipe gehen darf, sollte das WM-Qualifikationsspiel gegen Rumänien nicht gewonnen werden.
Dies ohne dass er bereits Präsident wäre, die „Wahl“ findet erst am 28.02. statt.
Nun sollte man wissen, dass Österreich bereits völlig chancenlos im Rennen um einen WM-Startplatz da steht. Zwar konnte das Auftaktspiel zur Ära Kleki-Petrah gegen Frankreichs B-Team mit 3:1 gewonnen werden, doch folgten von da ab, durchwegs altbekannte „Unleistungen“, 1 Punkt aus 5 Spielen ist schlicht zu wenig. Doch vielmehr negativ aufgefallen ist bei diesen fussballerischen Bankrotterklärungen, die Art und Weise in der Punkte und ganze Spiele verschenkt wurden. Herz und kampflos wurde dem Gegner das Feld überlassen, von Moral und Siegeswille war nichts zu sehen.
„Das Team hat keine Eier!“, darüber sind sich Rapid-Ultras, Bulldogs und andere österreichische
Fans einig. Und nichts träfe es besser, die Misere im österreichischen Fußball zu beschreiben. Nicht umsonst hat Österreich seit dem Testspiel gegen die Elfenbeinküste, im Jahr 2007 kein Tor mehr aus dem Spiel heraus erzielt. Das einzige Tor der Veranstalterelf der EURO 08 fiel bezeichnenderweise aus einem Elfmeter. Wenn nun ein nachweislicher Experte wie Brückner, seines Zeichens Europameister mit Tschechien, diplomatisch formuliert es fehle den österreichischen Kickern an Killerinstinkt, so ist dies genau die Umschreibung eben diesen Zustandes.
Was nun in diversen Boulevardmedien Österreichs statt findet, die Hetzjagd auf den Sündenbock Brückner, und dass sich Ikonen wie Krankl ebenso auf den Ausländer einschießen hat nichts mehr mit Fußball zu tun, sondern gehört eher in die Sparte Seitenblicke verwiesen. Denn dort gehören diese profilierungssüchtigen Dampfplauderer hin. Wie lange hat man einen Krankl als Teamchef erduldet, ohne dass er befriedigende Resultate erzeugt hat ? Jetzt in Richtung des Weisen aus Olmütz Dreck zu schleudern, zeugt nicht von Patriotismus sondern schlichtweg von schlechtem Stil. Brückner wusste offensichtlich nicht worauf er sich mit seiner Amtsübernahme einließ. In einem provinziell geführten Verband, einer bestenfalls amateurhaft organisierten Liga, ein Team ewiger Raunzer und Egomanen zu leiten, hätte er es geahnt er wäre in seinem durchaus verdienten Ruhestand, und würde golfen, Blumen gießen oder Socken stricken.
Ich frage mich was einen Krankl oder die sogenannten Redakteure eines bunten Schmierblattes,
wie die fast-gratis-Publikation „Österreich“ dazu befähigt ihn derart schmutzig anzugreifen.
War der Hanse Europameister ? Sind die Schwafelprofis von Österreich Experten ? Nein!
Aber es passt halt. Motzen wir weiter, und hacken wir auf dem herum der uns möglicherweise aus unserer kleindenkerischen Biedermeierwelt in die moderne Zeit führen könnte. Das ist der österreichische Weg. Herzog ist die österreichische Lösung: ein Mann, der sicher ein verdienter, aktiver Spieler, über Null (ich wiederhole Zero) Erfahrung als Trainer verfügt, aber Hauptsache er hat seine Freunderln im Verband. (siehe Wohlfahrt als Tormanntrainer). Im Übrigen bin ich der Meinung, die Politik hat aus dem Fußball draussen zu bleiben.

Raus aus der Misere (aber nicht so)

Österreich unterliegt Schweden zuhause in Graz in einem wirklich langweiligen,
von Taktik und Unvermögen geprägten Spiel völlig verdient mit 0:2.
Das Spiel beginnt mit einer Chance für die Gastgeber die jedoch vergeben wird.
Nach einem Angriff der Schweden kann die Abwehr der Österreicher den Ball nicht aus dem Gefahrenbereich bringen und der Ball landet bei Schweden (Nr.8), ein direkt gespielter Pass,
durch die Mitte, zwischen den beiden österreichischen Innenverteidigern Stranzl (Spartak Moskau) und Prödl (Werder Bremen)
durch die Gasse, bringt die erste gefährliche Situation für die Schweden ein. Manninger (Juventus)
im Tor der Österreicher kommt jedoch aus dem Tor und verkürzt den Winkel für den Angreifer
und kann die Chance der Gäste in Minute 15 zunichte machen. Garics (Napoli) klärt den Abpraller.
Ich frage mich wann der unbeteiligt wirkende Prödl, der dem Ball lässig, wie in Zeitlupe hinterher joggt da eingegriffen hätte. Wahrscheinlich gar nicht, oder erst wenn der Ball hinter der Torlinie gelegen wäre. Er wirkte jedenfalls auf mich völlig desorientiert, und es erscheint mir
unverständlich warum Teamchef Karel „Kleki-Petrah“ Brückner (CZE) ihn, trotz Trainingsrückstand, von
Beginn an eingesetzt hatte. In der 12. Minute eine recht gut herausgespielte Tormöglichkeit für
Arnautovic (Twente Enschede), auf der linken Seite. Der Winkel für einen Schuss ist allerdings schlecht, leider hat kein Angreifer mitgedacht, daher steht auch niemand in der Mitte um eine Flanke anbringen zu können. Isaakson im Tor der Schweden hat keine Mühe mit Arnautovic' Schuss.
In der 13. Minute kommt ein netter Doppelpass zwischen Ivanschitz (Panathinaikos) und Arnautovic zustande,
Isaakson hat aber aufgepasst und ist vor Arnautovic am Ball. Österreich zeigt Mühen im Spielaufbau, der zu zähflüssig und behäbig wirkt, während die Schweden versuchen mit Källström
als Ballverteiler zu kontern.
Säumel (Torino) kann sich des öfteren durchsetzen und den Ball mit starken Dribbling aus der eigenen Hälfte im Spiel halten. Er gefällt mir in dieser Partie, aufgrund seiner guten Laufarbeit.
In der 26. hat Garics seine liebe Not mit Wilhelmsson, der ihn wie einen Schuljungen aussehen lässt, Prödl ist viel zu passiv.
Zum Thema Janko (Red Bull Salzburg) und seinen Chancen den goldenen Schuh zu gewinen, sollte man sich vor Augen führen, dass Eto'o vom FC Barcelona nur drei Punkte Rückstand auf ihn hat,
und sämtliche Scorerpunkte des Kameruners aus der Primera Division mit dem Faktor 2.0 multipliziert werden, während Janko aufgrund der schlechter gestellten österreichischen Liga daher bei einem Faktor von 1.5 um einiges öfter treffen müsste. Um ihn zu beobachten haben sich einige Interessierte in Graz eingefunden, und es ist trotz seiner vorzeitigen Vertragsverlängerung wohl nur eine Frage der Zeit (und des Geldes) bis er in eine stärkere Liga wechseln wird.
41. Minute ein Schuss (?) von Ivanschitz der etwa 10 Meter neben das Tor geht, es verursacht nahezu körperliche Schmerzen solch peinlichem Unvermögen live bei der Arbeit zusehen zu müssen. Hat der Kommentator des ORF (Österreichischer Rundfunk) tatsächlich gesagt Ivanschitz hätte reklamiert, der Ball wäre hinter der TORLINIE gewesen ? Das wäre dann aber ganz ausgefuchst vom abgezockten Ivanschitz gewesen... Der Kommentator meinte wohl eher TorAUSlinie. Arnautovic hat coole Schuhe (← Link) bemerke ich gerade, sonst geschieht nichts von Interesse. In der Pause kommt es zu einer sehenswerten Begegnung: der designierte ÖFB-Präsident Leo Lindtner (ein ÖVP Politiker) trifft auf Herbert Prohaska (ehem. Internationaler (AS Roma) und TV-Experte). Dieser hatte vor der Wahl des Verbandspräsidenten dessen Konkurrenten um das Amt, Kaltenbrunner, einen ehemaligen Profi und Clubpräsidenten von SK Rapid Wien, präferiert. Der TV-Reporter sprach dies direkt an. Prohaska reagierte jedoch diplomatisch und erwiderte, dass es in dieser Debatte nicht um Namen ginge. Es hätte jedoch die Möglichkeit bestanden „etwas völlig Neues“ zu machen, und jemandem die Verbandsleitung zu übertragen,
der selbst aktiv „als Profi bei einem Proficlub“ gespielt habe, „als Profi einen Proficlub trainiert“ habe, und „als Profi bei einem Proficlub“ die Geschäftsführung ausgeübt habe. Bemerkenswert, dass es scheinbar ein Novum in Österreich darstellt, den Fußballverband der Führung eines Profis anzuvertrauen. Der zurückgetretene Expräsident Stickler kam von der Casinos Austria AG (steht ebenfalls der ÖVP nahe), und auch seine Vorgänger zeichneten sich bisher eher nicht durch ihre fussballerische Expertise, als durch ihre Nähe zu diversen politischen Seilschaften aus.
Ich frage mich immer wieder wer ist „Tschellström“.... Der ORF-Kommentator brilliert wieder einmal in einer Sonderdisziplin des ORF-Sportteams: dem beharrlichen Falschaussprechen fremder Namen! Dabei ist es ja nicht so, dass sie die Namen nur einfach schlecht bzw. falsch aussprechen würden, nein, sie erfinden eigene, besondere Kreationen: aus Xavi (tschawi) wird Tschawiiii, aus Gerrard, Tscherrraaa, aus Sergio (Serchio) Ramos, wird Sertschio Ramos usw.
Eine Chance für Österreich: eine schöne direkt gespielte Kombination, Flanke von Arnautovic,
in der Mitte kommt Scharner (Wigan) angerannt und platziert einen wuchtigen Hechtkopfball,
der von Isaakson gehalten wird. Das wars vom österreichischen Angriffsspiel und
es kommt wie es kommen musste. Schweden geht durch Berg in Führung.
Die Verteidigung, scheinbar in Gedanken noch im Weihnachtsurlaub, sieht ihm voll unbeteiligter Gelassenheit zu, als dieser von der Strafraumgrenze unbehindert schiessen kann. Der Ball, zwar nicht unhaltbar, landet im langen Kreuzeck. 0:1 für Schweden.
Kein Aufbäumen, kein Kampf, und noch weniger Leidenschaft bei den Österreichern. 7 Minuten später, Stranzl verursacht stümperhaft agierend einen Freisstoß an der Strafraumgrenze. „Tschällström“ überhebt lässig die Mauer, der Ball tropft von der Querlatte hinter die Linie. 0:2.
Nun versuchen die Österreicher anzugreifen, aber die Luft ist draussen. Es folgen noch einige Wechsel. Okotie (Austria Wien) kommt rein. Saurer (LASK) und Ulmer (Club?) dürfen debüttieren.
Bei den beiden frage ich mich übrigens ob im ÖFB-Team die Rückennummern verlost werden oder ob sie es mit der lästigen Praktik eines Bugs im EA-Sports FIFA Managermodus halten. Saurer, eigentlich ein eher zentral agierender Mittelfeldspieler trägt die Nummer 9, Ulmer seines Zeichens Offensivkraft hält die Nummer 2... ist allerdings fürs Spiel unerheblich.
In der 70. bricht Okotie, ein Aktivposten, auf der rechten Seite durch, kann den Ball gut zur Mitte bringen, Janko macht beim Kopfballversuch aber keinen Stich gegen Mellberg.
Viel passiert nicht mehr, ein Freisstoß von Ivanschitz prallt noch von Isaakson zur Mitte, ein Verteidiger grätscht den Ball gegen Janko's Knie, von dort prallt er wieder zu einem Verteidiger, der kann klären. Österreichs Kapitän Ivanschitz wird später noch ausgetauscht und von den wütenden Fans mit einem Pfeifkonzert verabschiedet.
Ein Fazit: Österreich war zu passiv, benötigt zu viel Zeit für den Spielaufbau und kann sich in den entscheidenden Situationen nicht durchsetzen. Vor dem Tor fehlt es am Killerinstinkt und, abgesehen von wenigen Ausnahmen (Säumel, Arnautovic, Okotie) am Selbstvertrauen Eins-gegen-Eins-Situationen für sich zu entscheiden. Hinten ist man zu blauäugig und zu wenig physisch präsent, selbiges gilt auch für die Abwehrarbeit im Mittelfeld. Man darf hier keinen Gegner so ungehindert agieren lassen, wie wir es taten. Da gehört schon auch mal im Zweikampf ein Zeichen gesetzt und dem Gegner, nötigenfalls auch mit einem Foul Respekt beigebracht.